Seine Stimme war so vertraut wie die eines guten Freundes. Seine Melodien sind das Soundtrack unzähliger Lebensmomente generationenübergreifend. Und seine Bühnenpräsenz – der fließende weiße Anzug, das Klavier, die charismatische, oft verletzliche Art – ist ein fester Bestandteil des kollektiven deutschen Kulturgedächtnisses. Udo Jürgens war mehr als nur ein Sänger. Er war ein Chronist der Gefühle, ein Komponist von Ohrwürmern, der es verstand, die Tiefen und Höhen der menschlichen Seele in unvergessliche Lieder zu packen.
Doch wer war der Mann hinter Hits wie „Merci, Chérie“, „Griechischer Wein“ und „Aber bitte mit Sahne“? Sein Leben war eine Achterbahnfahrt aus Triumph, Selbstzweifeln, unzähligen Liebschaften und einer schier unerschöpflichen kreativen Energie, die bis zu seinem letzten Atemzug anhielt.
Vom Kärntner Wunderkind zum Europameister
Geboren wurde Udo Jürgens am 30. September 1934 als Udo Jürgen Bockelmann in Klagenfurt, Österreich. Die Musik lag ihm im Blut. Sein Vater, ein Bankier, der später als Konsul für Guatemala fungierte, und seine Mutter, eine Ärztin, förderten das Talent ihres Sohnes früh. Mit sieben Jahren erhielt er den ersten Klavierunterricht, und es wurde schnell klar, dass dies mehr als nur ein Hobby war. Udo lebte für die Musik.
Nach der Matura und einem kurzen, für ihn qualvollen Intermezzo an der Wiener Musikakademie, begann er, sich in der österreichischen und deutschen Jazz- und Schlagerszene einen Namen zu machen. Er spielte Klavier in Bars, begleitete andere Künstler und komponierte unermüdlich. Sein großer Durchbruch als Komponist kam 1959, als er für die deutsche Sängerin Lys Assia das Lied „Ich werde immer auf dich warten“ schrieb. Doch der wahre Game-Changer stand noch bevor.
1966 war das Jahr, das alles veränderte. Beim Grand Prix d’Eurovision in Luxemburg trat Udo Jürgens für Österreich mit dem Lied „Merci, Chérie“ an. Und er gewann. Dieser Sieg war nicht nur ein persönlicher Triumph, sondern eine nationale Sensation für Österreich und katapultierte Udo international in den Ruhm. „Merci, Chérie“ wurde zum Evergreen und zur unverrückbaren Visitenkarte des Künstlers. Doch anstatt sich auf diesem Erfolg auszuruhen, nutzte er ihn als Sprungbrett, um sich künstlerisch stetig weiterzuentwickeln.
Der Meister des gefühlvollen Liedermachertums
Was Udo Jürgens von vielen seiner zeitgenössischen Schlagersänger unterschied, war die Tiefe und Vielseitigkeit seiner Texte und Kompositionen. Er war ein begnadeter Handwerker, der die Klassik, den Jazz und den Chanson in seinen persönlichen Stil einwebte.
In den 1970er Jahren schuf er eine Reihe von Liedern, die zu zeitlosen Klassikern wurden und die deutsche Seele auf einzigartige Weise einfingen:
- „Griechischer Wein“ (1974): Mehr als nur ein Urlaubslied. Es ist eine melancholische Hymne an die Sehnsucht, die Heimatlosigkeit und das Schicksal der Gastarbeiter, die ihr Herz in der Ferne lassen mussten. Das Lied berührte ein gesellschaftliches Thema und verhalf ihm zu einer neuen Dimension als ernstzunehmender Liedermacher.
- „Aber bitte mit Sahne“ (1976): Das genaue Gegenteil – eine unbeschwerte, lebensbejahende Ode an die kleinen, sündhaften Freuden des Lebens. Es wurde zur inoffiziellen Hymne aller Genießer und ist bis heute ein Garant für gute Laune.
- „Buenos Dias, Argentina“ (1978): Zur Fußball-Weltmeisterschaft in Argentinien komponiert, wurde dieser mitreißende Song zur WM-Hymne schlechthin und festigte seinen Status als musikalischer Begleiter nationaler und emotionaler Ereignisse.
- „Ich war noch niemals in New York“ (1982): Eine Hymne an die unerfüllten Träume und die Sehnsucht nach dem großen, unbekannten Abenteuer. Das Lied, das er gemeinsam mit Michael Kunze schrieb, wurde zu einer seiner persönlichsten und berührendsten Balladen.
Udo Jürgens schrieb nicht einfach nur Schlager. Er komponierte kleine, musikalische Novellen, die von Leben, Liebe, Abschied und der Sehnsucht nach dem Unerreichbaren handelten.
Ein Leben zwischen Bühnenrausch und Einsamkeit
Das Leben von Udo Jürgens war ein offenes Buch, doch eines mit vielen komplexen Kapiteln. Der öffentliche Perfektionist und strahlende Entertainer war privat von Selbstzweifeln und einer tiefen Einsamkeit geplagt. Fünf Jahrzehnte lang stand er fast ununterbrochen auf der Bühne, gab Tausende von Konzerten. Dieser stetige Tournee-Zyklus wurde für ihn sowohl Antrieb als auch Flucht.
Sein Privatleben war geprägt von intensiven, aber oft schwierigen Beziehungen. Er war dreimal verheiratet:
- 1964–1989: Mit der Journalistin Erika Meyer. Aus dieser Ehe gingen seine beiden Kinder John (1966) und Jenny (1967) hervor.
- 1990–1992: Eine kurze, aber medienwirksame Ehe mit der Panamanerin Isabel Varell.
- 1999–2006: Seine längste Ehe führte er mit der 33 Jahre jüngeren Corinna Jürgens (geb. Reichert).
Doch neben seinen Ehen gab es immer wieder spektakuläre Affären und Liaisons, über die die Presse begierig berichtete. Beziehungen zu prominenten Frauen wie der Schauspielerin Sabina Godec oder dem Model Michaela Moritz machten Schlagzeilen. Udo Jürgens selbst gestand offen, dass er die große, wahre Liebe oft suchte, aber nur schwer finden und halten konnte. Die Bühne war seine beständigste Geliebte.
Das Vermächtnis: Der Mann im weißen Anzug
Udo Jürgens war bis ins hohe Alter erstaunlich produktiv und präsent. Noch mit über 80 Jahren füllte er riesige Konzerthallen und begeisterte sein Publikum mit ungebrochener Energie. Er war ein Phänomen.
Am 21. Dezember 2014, während eines Spaziergangs in Gottlieben in der Schweiz, wo er seinen Zweitwohnsitz hatte, erlitt Udo Jürgens einen Herzstillstand und verstarb kurz darauf. Sein Tod traf Millionen von Fans wie ein Schock. Es schien unmöglich, dass diese lebensfrohe, unsterbliche Stimme für immer verstummt war.
Doch was bleibt, ist ein gewaltiges Vermächtnis: Über 50 Millionen verkaufte Tonträger, Hunderte von Kompositionen und eine unvergleichliche Diskografie. Seine Lieder sind zeitlos. Sie werden weiter im Radio gespielt, auf Hochzeiten und Geburtstagen gesungen und von neuen Generationen entdeckt.
Udo Jürgens war der letzte große Gentleman des deutschen Schlagers. Ein Mann, der die Leichtigkeit und die Tiefe, die Freude und die Melancholie in seiner Musik vereinte. Er sang nicht nur über das Leben – er lebte es in vollen Zügen, mit all seinen Widersprüchen. Und genau das macht ihn und seine Musik bis heute so unendlich faszinierend und unsterblich. Die Melodie seines Lebens klingt weiter.
FAQs (Häufig gestellte Fragen) über Udo Jürgens
Warum starb Udo Jürgens?
Udo Jürgens starb am 21. Dezember 2014 in Gottlieben in der Schweiz an den Folgen eines plötzlichen Herz-Kreislauf-Versagens. Während eines Spaziergangs brach er zusammen und konnte trotz sofortiger Wiederbelebungsversuche nicht mehr gerettet werden. Sein Tod war für Familie, Freunde und Fans ein völlig unerwarteter Schock.
Wie viele uneheliche Kinder hat Udo Jürgens?
Udo Jürgens hat ein offiziell anerkanntes uneheliches Kind. Seine Tochter Sonja Jürgens (*1969) aus einer Beziehung mit der Tänzerin und Schauspielerin Renate Faber. Das Verhältnis zu seiner Tochter war lange Zeit distanziert, aber in seinen späteren Jahren fand eine Annäherung statt. Aus seinen beiden Ehen mit Erika Meyer hat er zwei weitere Kinder, John und Jenny, die somit seine ehelichen Kinder sind.
Wer war die letzte Freundin von Udo Jürgens?
Die letzte Lebensgefährtin von Udo Jürgens war Michaela Moritz, ein ehemaliges Model. Die Beziehung begann nach der Scheidung von seiner dritten Frau Corinna und dauerte bis zu seinem Tod an. Sie war auch an dem Tag bei ihm, als er seinen tödlichen Spaziergang unternahm.
Was nahm Udo Jürgens mit ins Grab?
Dies ist eine sehr persönliche und metaphorische Frage. Öffentlich ist nicht bekannt, dass ihm bestimmte Gegenstände mit ins Grab gegeben wurden. Wenn man die Frage im übertragenen Sinne betrachtet, nahm Udo Jürgens die unerschütterliche Liebe seiner Fans, den Klang seiner unsterblichen Melodien und das Andenken an ein extrem bewegtes, erfülltes und öffentliches Leben mit, das die Herzen von Millionen Menschen berührt hat. Sein Wunsch nach einer anonymen und stillen Beisetzung im engsten Familienkreis wurde respektiert.